Testbericht: Apple AirPods 2 mit kabellosem Ladecase
Foto: Thomas Landgraeber
In diesem Review erfahren Sie alles, was Sie über die AirPods der 2. Generation und das neue kabellose Ladecase wissen sollten.
Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber ich war nie ein Fan von Ohrstöpseln. Was immer ich über die Jahre ausprobiert habe, hat entweder zu unangenehmen Druck in den Ohren geführt, oder es klang merkwürdig. Offen gesagt war ich oft überrascht, welch schlechten Sound manche Hersteller ihren Kunden zumuten. Und das nicht nur im unteren und mittleren Preissegment, sondern teilweise auch in der sogenannten „Luxusklasse".
Apple hat schon bei den AirPods der ersten Generation vieles richtig gemacht und überwiegend positive Kritiken erhalten. Auch bei den Kunden kamen die In-Ears gut an – so gut, dass sie zwischenzeitlich kaum noch lieferbar waren. Wohl um den Erfolg nicht zu gefährden, hat man sich in Cupertino für die zweite Generation der AirPods gegen eine komplette Neukonstruktion entschieden und stattdessen einige wichtige Details verbessert.
Foto: Apple Inc
Neue Hardware
Während in den AirPods der ersten Generation ein Apple W1 Chip als zentrale Recheneinheit zum Einsatz kam, spendierte Apple den AirPods 2 den neuen, leistungsfähigeren Apple H1. Er unterstützt Bluetooth 5.0 und soll für besseren Sound und schnellere und stabilere kabellose Verbindungen sorgen. Tatsächlich macht sich das Plus an Rechenleistung in der Praxis durch überraschend kurze Reaktionszeiten bemerkbar. Bei der täglichen Nutzung der AirPods muss man kaum noch auf irgend etwas warten.
Überrascht hat mich die Reichweite der Bluetooth-Verbindungen. Ich kann mit den AirPods 2 praktisch in der gesamten Wohnung herumlaufen, ohne darauf zu achten, wo sich das aktuell verbundene Gerät befindet. Nur wenn mehrere Wände dazwischen sind, gibt es manchmal Aussetzer. Ich wünschte, einiger meiner anderen Bluetooth-Geräte hätten einen solchen Wirkungskreis.
Auch was die Klangqualität betrifft, scheint der H1 einen verbesserten DAC zur Seite gestellt bekommen zu haben. Was Details zu den verwendeten Audio-Komponenten betrifft, hüllt sich Apple in Schweigen. Die Kollegen von iFixIt.com haben die neuen AirPods bereits seziert, konnten aber keine tieferen Erkenntnisse über den genauen technischen Aufbau - zum Beispiel der Schallwandler - gewinnen. Dafür kapselt Apple die Komponenten zu sehr ein und verklebt alles komplett.
An identifizierbaren Bauteilen fanden die Techniker neben dem H1 auch einige neue Sensoren, Hilfsmikrofone und Audiochips, sowie eine - bei den Vorgängern nicht vorhandene - wasserabweisenden Beschichtung auf der Platine. Apple weist in der beiliegenden Broschüre aber ausdrücklich darauf hin, dass die AirPods nicht wasserdicht sind. Auch von Spritzwasserschutz ist keine Rede.
Foto: Thomas Landgraeber
Klangqualität
Offen gesagt fehlt mir der direkte Vergleich zu den Vorgänger-Modellen. Und als Tonmeister stelle ich vermutlich andere Ansprüche an das Klanggeschehen, als beispielsweise Musiker oder Hi-End-Freaks. Aber um die für viele potentielle Käufer wahrscheinlich wichtigste Frage zu beantworten: Ja, die AirPods 2 klingen hörbar besser, als die kabelgebundenen Beipack-Stöpsel der iPhones. Sie lösen höher auf, das Timing ist besser und sie bieten reichlich Bass und Höhen. Die für die normalen Lightning-EarPods typische Anhebung des Mitteltonbereiches ist bei den AirPods 2 weniger auffällig. Aalglatte Frequenzgänge und high-fidele Klangtreue kann man bei dieser Bauart kaum erwarten, dafür ist einfach zu viel DSP-Zauber im Spiel.
Die AirPods 2 machen insgesamt aber einen guten Job. Sie sind laut genug, um auch in krachigen Umgebungen leises Material zu hören. Und irgendwie haben es die Entwickler geschafft, den für komprimierte Audioformate und Streams typischen, etwas glasigen Klang so weit aufzupolieren, dass er sich ganz gut ertragen lässt. Gleichzeitig können die AirPods 2 bei Bedarf durchaus imposanten Partysound liefern. Klanglich sind sie auf den breiten Massengeschmack abgestimmt und entsprechend gefällig, was der rein technischen Audioqualität aber keinen Abbruch tut. Auch bei hohen Pegeln sind kaum Verzerrungen hörbar. Alles klingt recht aufgeräumt und ausgeglichen.
Die vergleichsweise hohe Wiedergabequalität geht allem Anschein nach auf das Konto der Audio-Entwickler bei Apples Tochterfirmen Apogee und Beats, deren Know-how man beim Produktdesign sicher genutzt hat..
Foto: Apple Inc
Bedienung und Benutzerführung
Wenn die Firma Apple eines gut kann, dann ist es, die Bedienung ihrer Geräte so einfach und komfortabel wie möglich zu machen. Die AirPods sind diesbezüglich keine Ausnahme. Alles geht kinderleicht.
Um die AirPods mit einem neuen Apple-Gerät anzufreunden, muss man nur das Ladecase öffnen und auf ein kaum wahrnehmbares Knöpfchen auf dessen Rückseite drücken – und schon erscheint auf dem nächstgelegenen iOS-Device über Bluetooth eine entsprechende „Freundschaftsanfrage". Bestätigt man diese, steht die Verbindung sofort zur Verfügung.
Auf dem Mac wählt man die AirPods über die Bluetooth-Einstellungen, oder über das AirPlay-Menü kompatibler Apps auf. Wenn man öfter zwischen verschiedenen Geräten wechseln möchte, empfiehlt es sich, die AirPods vorab einmal mit jedem der in Frage kommenden Geräte zu verbinden. Der Wechsel geht dann künftig schnell und geschmeidig vonstatten.
Die Apple-typische, nahtlose Integration ins Gesamtsystem ist bei den AirPods wirklich beispielhaft. Im täglichen Gebrauch funktioniert z.B. der Wechsel zwischen verschiedenen Geräten angenehm flott und unkompliziert. Siri reagiert prompt auf Spracheingaben und sie versteht einen auch irgendwie besser, als über iPhone oder Apple Watch. Zumindest habe ich diese Erfahrung gemacht.
An den Ohrstöpsel selbst gibt es weder Knöpfe noch Regler. Die einzig mögliche haptische Interaktion ist Tippen. So kann man mit zweimaligen Tippen z.B. zum nächsten Song springen. Auf Wunsch können für rechten und linken Schmalzbohrer auch unterschiedliche Kommandos vergeben werden.
Foto: Thomas Landgraeber
Bauart-bedingt setzt Apple bei der Benutzerführung voll auf Spracheingabe. Siri ist stets zu Diensten. Wer möchte, dass Apples digitale Assistentin auch auf „Hey Siri" hört, wenn das verbundene Apple-Device im Ruhemodus ist, muss diese Funktion erst in den Siri-Einstellungen freischalten, sonst ist sie taub.
Im Zusammenspiel mit einer Apple Watch ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten. So kann man etwa beim Musikhören mit der Krone der Uhr die Wiedergabe-Lautstarke sehr fein regeln und auf dem Display findet man die wichtigsten Funktionen. Gibt man über Siri einen neuen Termin ein, erscheinen alle wesentlichen Daten dazu auf der Uhr. Da auch andere Apps diese Art von Nahbereichs-Interplay unterstützen, wird das iPhone bei vielen alltäglichen Aufgaben immer öfter arbeitslos.
Teilweise ist es schon erstaunlich, an welche Kleinigkeiten Apple gedacht hat. So ist es ungeheuer praktisch, dass die AirPods sofort aufhören zu spielen, sobald man auch nur einen der Stöpsel aus dem Ohr nimmt. Wem das nicht gefällt, kann das Feature auch abschalten. Oder dass man zum Überprüfen der Akku-Füllstände einfach nur das Case öffnen und an ein aktives iDevice halten muss – und schon erscheint dort eine animierte Info.
Glücklicherweise konnten die Designer bisher der Versuchung widerstehen, allzu viel Schnickschnack einzubauen. Die angebotenen Funktionen sind meist gut durchdacht und treten nur in Erscheinung, wenn sie gebraucht werden. Und alles spielt sinnvoll zusammen. Eine Benutzerführung in dieser Qualität findet man sonst nur selten.
Akkulaufzeit
Die eingebauten Batterien verfügen über jeweils 93mW Leistung. Das Ladecase hat eine Kapazität von 398mAh. Mit einer Akkuladung spielen die neuen AirPods 5 Stunden lang. Telefonieren soll bis zu 3 Stunden möglich sein.
Steckt man die Ohrhörer zwischendurch in das Ladecase, stehen Stromreserven für 24 weitere Stunden zur Verfügung, bis die Strom-Schatulle selbst wieder aufgeladen werden möchte. Laut Apple reicht eine Ladedauer von 15 Minuten aus, um genug Energie für weitere 3 Stunden Spieldauer oder 2 Stunden Sprechzeit in die Stöpsel zu pumpen.
Foto: Thomas Landgraeber
Kabelloses Ladecase
Die AirPods 2 werden in zwei verschiedenen Versionen angeboten. Mit dem normalen Ladecase, das über ein herkömmliches Lightning-USB-Kabel aufgeladen wird, oder mit dem neuen kabellosen Case, welches mit Qi-kompatiblen Ladematten funktioniert. Ist eine solche nicht verfügbar, kann auch über den Lightning-Anschluss getankt werden.
Wie Apple auf der deutschen Produktpackung bekannt gibt, wäre das kabellose Case auch mit Apples AirPower Ladestationen kompatibel – wenn die Firma das bereits seit langem angekündigte Produkt nicht wieder abgesagt hätte. Die Entscheidung dazu kann noch nicht allzu lange zurück liegen, sonst wäre dieser Hinweis sicher nicht auf den Verpackungen.
Tragekomfort
Was die Beurteilung des Tragekomforts betrifft, sind die Ansprüche individuell verschieden. Ich spüre die Dinger kaum und kann sie mühelos stundenlang tragen. Sie lassen sich ohne langes Popeln direkt richtig im Ohr platzieren und sitzen fest, wobei sie nur wenig Druck im Ohr erzeugen.
Apple hat offensichtlich eine Passform gefunden, die bei den meisten Anwendern einfach gut sitzt und kommt dabei ohne die sonst für individuelle Anpassungen üblichen Silikon-Schwubbel aus, die immer verloren gehen. Es gibt allerdings auch Menschen, die mit den AirPods überhaupt nicht zurecht kommen. Falls sie nicht passen, sollte man sie zurück geben.
Foto: iFixit.com
Verarbeitung
Sowohl die AirPods 2, als auch das neue kabellose Ladecase machen in Sachen Verarbeitung einen exzellenten Eindruck. Da stehen keine Grate über, da klappert und wackelt nichts. Was allerdings auch nicht verwunderlich ist – Apple hat alle internen Komponenten dick verklebt (dazu unten mehr).
Der Deckel des Ladecases schliesst mit einem satten Klack, der Schnapp-Mechanismus geht in der Praxis jedoch manchmal etwas zu tatkräftig ans Werk. Es kann leicht passieren, dass man das Case beim Reinstecken oder Herausholen der AirPods aus Versehen schliesst. Dafür flutschen die AirPods dank magnetischer Unterstützung wie von selbst in die dafür vorgesehenen Schächte, die für Links und Rechts unterschiedlich sind.
Menschen mit dicken Fingern werden sich vermutlich beim Herausnehmen ein kleines bisschen mehr Abstand zwischen den Ohrstöpseln im Case wünschen. Wegen ihrer rundlicher Form und spiegelglatten Oberfläche empfiehlt sich ein beherztes Zugreifen.
Foto: iFixit.com
Reparierbarkeit: Null
Die Reparatur-Experten von iFixIt.com kritisieren zurecht, dass sich auch die neuen AirPods kaum reparieren lassen, ohne dabei die Gehäuse zu zerstören. Das gilt sowohl für die Ohrstöpsel, als auch für die Ladecases. Im Gegensatz zum Beispiel zu den Samsung Galaxy Bugs, bei denen man mit einigem Bastelaufwand zumindest die Akkus wechseln kann, handelt es sich bei den AirPods bedauerlicher Weise um reine Wegwerfartikel.
Angeblich bemüht sich Apple um möglichst umweltschonende und klimaneutrale Verfahren und Erzeugnisse. Doch leider sind die AirPods nicht die einzigen Produkte im Portfolio des Konzerns, die diese PR-trächtigen „Werte" wegen ihrer Nicht-Reparierbarkeit konterkarieren. Apple sollte endlich damit beginnen, seine gesamte Modellpalette wieder servicefreundlicher zu machen, sonst verliert die Firma an Glaubwürdigkeit.
Foto: Thomas Landgraeber
Fazit
Die neuen AirPods 2 überzeugen durch angenehmen Klang, einfache Bedienung und hohen Tragekomfort. Siri ist damit richtig auf Zack und kann im Alltag eine Hilfe sein. Der Wechsel zwischen verschiedenen Geräten ist simpel und das Zusammenspiel klappt in den meisten Fällen wunderbar. Wer bereits mehrere Apple-Geräte besitzt, wird sich über die gelungene, systemweite Integration freuen.
Was das Preis-/Leistungsverhältnis angeht, segelt Apple meiner Meinung nach gewohnt hart an der Akzeptanzschwelle der meisten Kunden entlang. Insbesondere die Version mit kabellosem Ladecase ist schon recht teuer dafür, dass aus der einst mit grossem Tamtam vorgestellten AirPower-Technolgie nun doch nichts wird. Trotz der Vorbehalte hinsichtlich mangelnder Repararturfreundlichkeit insgesamt ein klarer Kauftipp.
Bewertung
Sehr gut
Preise und Verfügbarkeit
Die AirPods mit herkömmlichem Ladecase kosten 179 Euro, für die Version mit kabellosem Ladecase werden 229 Euro fällig. Die Wunder-Schatulle ist für 89 Euro auch separat erhältlich – falls man sie verbummelt, oder AirPods der ersten Generation damit Qi-kompatibel laden möchte.
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Titelbild und Text: Thomas Landgraeber;
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