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Review: The Hit List für Mac und iPhone

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Der Geheimtipp unter den Todo-Apps

Ein Gastbeitrag von Mathias Rhein | Die Aufgaben-Verwaltung The Hit List kann mit seiner Mischung aus tastaturbasierter Navigation, schnellem unkompliziertem Sync und der Planung von komplexen Projekten das Herz von Nutzern anderer Programme höher schlagen lassen – wenn diese sich nicht von schnöden Äußerlichkeiten blenden lassen.

Die Entwicklung von Aufgabenmanagern dauert ironischerweise länger, als die Entwickler selbst so planen. Es ist also das gleiche Phänomen wie bei Ärzten, Psychologen und Lehrern- die gemeisterte Disziplin auf sich selbst anwenden ist in der Regel schwierig. Diese Tragödie haben bislang alle großen Aufgaben-Apps hinter sich.

Für manche Entwickler wurde daraus so eine Art Markenzeichen: wenn Cultured Code die nächste Version von Things ankündigt, freut sich die Gemeinde schon einmal auf das Release in zwei bis drei Jahren später. Natürlich sind die Foren dann voll mit der entsprechenden Mischung aus Frustration, Trauer und offener Wut. Wem man die Verwaltung der eigenen Aufgaben anvertraut, der steckt automatisch in einer emotionalen Bindung – das gilt auch für Programme.

Ebendies wissen auch die treuen Nutzer von "The Hit List" (kurz:THL) zu beklagen. Zwischen 2009 und 2014 gab es trotz Ach und Weh der Gemeinde praktisch keine Weiterentwicklung, der Entwickler Andy Kim galt als verschollen und die App als gestorben. Seit jedoch das Programm 2014 unter die Fittiche des kalifornischen Entwicklers Karelia Software gezogen wurde, erfreut es sich wieder regelmäßiger Update- Zyklen und Entwicklung des lang ersehnten Ablegers für das iPhone. Hier erfahren Sie, ob die Wiederbelebung erfolgreich war.

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Features und Oberfläche

Man könnte THL als den Nerd unter den Aufgaben-Apps bezeichnen. Die Oberfläche wirkt designmäßig spartanisch, die Eingabe neuer Aufgaben, wahlweise über die obligatorische Schnelleingabemaske oder direkt im Programm, funktioniert blitzschnell, wenn man sich die Mühe gemacht hat, die unterschiedlichen, aber sehr logischen Tastaturkürzel für sich zu nutzen. Ähnlich wie bei gmail kann dann die Verwaltung, Verschiebung und Priorisierung der Aufgaben einen Bruchteil der Zeit einnehmen, die eine vergleichsweise zeigergesteuerte Manipulation dauern würde.

Der Clou: Die Tags und Kontexte, nach denen Aufgaben gegliedert und durchsucht werden können, sind schlicht Teil des Textes im Aufgabenfeld. Dafür sorgen Modifier, also Sonderzeichen, die den Status eines Wortes über die Bedeutung als Textbesstandteil erheben. Nutzern von Twitter ist diese Funktion von den mittlerweile omnipräsenten Hashtags her bekannt.

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Tippt man also folgenden Text ins Aufgabenfeld: "Heute mit /Thomas Landgraeber/ den Neustart von GeekOut im @Eiscafè begehen", so wird THL automatisch den Tag "Thomas Landgräber" und den Kontext Eiscafé anlegen, sollten diese nicht bereits vorhanden sein. Dadurch integriert man bei THL eine Ebene der Organisation mitten in den Text, was die Eingabe flüssiger machen und die Suche erleichtern kann.

Aufgaben lassen sich beliebig tief verschachteln, ebenso lassen sich beliebig viele Ebenen von Ordners in der Seitenleiste anlegen, um Projekte, die im THL- Jargon Listen heissen, beliebig viele Ebenen der Struktur zu geben.

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The Hit List für Mac

Das große Manko der OSX-Version ist der erste Eindruck: Geschmäcker sind verschieden, mich persönlich erinnert die Farbwahl an die Farbpalette der Badkacheln in den Siebziger Jahren: grün, lila, blau und gelb, aber wie ich finde recht unvorteilhaft kombiniert. Das Schlimmste haben die Nutzer der momentanen Version aber schon hinter sich, einst gab es dieselben Farben in Leder und Notizblocklook. Apple sei für die Abschaffung der Skeuomorphismen gedankt.

Hat man die ersten (optischen) Hindernisse überwunden, wird man dafür mit einem leistungsfähigen und absolut zuverlässigen Planungshelfer belohnt. Die Tastatursteuerung ist intuitiv und schnell gelernt: bis die einzelnen Tastaturkürzel gelernt sind kann man sich sogar eine Hilfsmaske zum Lernen der Kürzel einblenden. Eine weitere Besonderheit: man kann sich für die momentan aktuelle Aufgabe einen Timer einblenden lassen und somit eine genaue Zeiterfassung durchführen.

Lustige Analogie: die Aufgaben durch den Manager "bewegen" kann man über die aus Spielen bekannten W, A, S, und D- Tasten – köstlich!

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The Hit List für iOS

Während die OSX-Oberfläche noch den Designstaub der Siebziger an sich kleben hat, präsentiert sich THL auf dem iphone als echte Neuzeit-Schönheit: mit flachem UI-Design, dünner Schrift und viel freier Flächen fühlt sich THL auf dem iPhone wie zu Hause.

Wichtig: Die Aufgabenkarten-Ansicht erhält hier eine völlig einzigartige Rolle – man hat ein riesiges Notizfeld zur Verfügung und kann Unteraufgaben direkt hier einpflegen. Gerade wenn man unterwegs spontan über ein bestimmtes Projekt grübeln möchte bietet einem diese Ansicht einen wunderbaren Spielplatz zum kreativen Austoben.

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Wie auch auf dem Mac ist die Suche der beste Begleiter des mobilen Projektplaners. Direkt auf dem Hauptbildschirm verfügbar ist die globale Suche beliebig auf verschiedene Features wie Tags, Kontext und Notizen eingrenzbar. Alles geht schnell von statten, denn obwohl der Komplexität der Aufgabenverschachtelung keine Grenzen gesetzt sind, besteht die mobile Oberfläche eigentlich nur aus zwei unterschiedlichen Ansichten: Den Aufgaben und der Tag/Kontextliste.

Dadurch kann man sich bequem auf das Wesentliche konzentrieren. Obwohl die iPhone- Bildschirme immer größer werden hätte ich mir allerdings eine auf das iPad und seinen praktischen Formfaktor zugeschnittene App- Variante gewünscht, so wie das die Konkurrenz schon gelöst hat (OmniFocus, Things, 2Do).

Synchronisierung

Ähnlich wie OmniFocus und Things hat THL seinen eigenen (mittlerweile kostenfreien) Synchronisationsdienst in Betrieb genommen, um ein möglichst sicheres Handling zu gewährleisten. Die Lösung ist effizient: Man kann ähnlich wie bei Things und 2Do Vertrauen entwickeln, dass Änderungen und neue Einträge sofort und überall verfügbar sind, solange das benutzte Gerät auch Zugang zum Netz hat und mobile Daten benutzen darf.

Die Synchronisation fällt also nicht auf und tritt in den Hintergrund, so wie das auch eigentlich die Idee ist. Konflikte in der Datenbank gibt es - auch Dank der hauseigenen Sync- Plattform – ebenfalls wenige: wenn eine Aufgabe an zwei unterschiedlichen Geräten verändert wird tauchen beide Versionen auf und der Nutzer kann sich dann für die aktuellste Version entscheiden.

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Pro und Contra

Vorteile
+ Schnellste und beste Shortcutunterstützung
+ Komplexe Schachtelung von Projekten und Unterprojekten
+ Schnelle und kostenlose Synchronisation
+ Erstellung von Smart lists für Filterung von Aufgaben
+ "Task Card"-Ansicht
+ Integrierter Timer für die Aufzeichnung der Aufgabendauer
+ Vergleichsweise günstig
+ Tags und Kontext sind Teil der Aufgabenbeschreibung

Nachteile
– Keine iPad- Version
– Eigenwillige Farbauswahl, wirkt skeuomorph
– Bei vielen Einträgen unübersichtlich

Fazit

THL ist wie eine Lieblingskneipe: auf das Aussehen kam es noch nie an und man findet nur Bewährtes und Verlässliches vor. Sicherlich sind die Features, die das Programm auf dem Mac zu etwas Einzigartigem machen, nicht jedermanns Sache.

Aber selbst wenn man diese nicht unbedingt nutzt, weiss zumindest jeder ein schnelles und einfaches Interface zu schätzen. Besonders wenn ein Programm eigentlich nur die Ausführung der Aufgaben erleichtern soll, sind diese Eigenschaften in letzter Instanz die wichtigsten, sollte man meinen. Warum hatte der Designkönig Things dann so einen Erfolg? Things schafft es eben, wie Apple funktionales Design zu erschaffen, das gut aussieht *und* leichtes Arbeiten ermöglicht.

Die wichtigsten Features für das Arbeiten unterwegs sind Übersicht auf dem kleinen Bildschirm und möglichst schnelle Synchronisation. In beiden Bereichen hat THL zwar vom Design ein eigenwilliges Konzept, kann aber punkto Effizienz gerade mobil locker mit den großen Konkurrenten mithalten. Einziger Wermutstropfen hierbei ist natürlich die fehlende iPad-App, für viele Unterwegsarbeiter ist dies die Lieblingslösung in Kombination mit einer guten Tastatur. Für die schnelle Übersicht und das Festhalten neuer Projekte und Aufgaben ist die iPhone- Variante allerdings prima geeignet.

Mein Tipp zur Entscheidungsfindung: Ladet euch einfach die kostenfreie Testversion für den Mac herunter, Ihr werdet bei der Benutzung ganz schnell merken, ob THL für euch funktioniert oder nicht. Ich jedenfalls habe mich auf Anhieb zu Hause gefühlt.

Bewertung


The Hit List

Gut

Preise und Verfügbarkeit

The Hit List für Mac ist zum Preis von 49,99 € im Mac App Store erhältlich. Es liegt nur in englischer Fassung vor und benötigt OS X 10.7.5 (oder neuer). Zum Ausprobieren steht eine kostenlose Demoversion zur Verfügung.
The Hit List für das iPhone kostet im iTunes Store € und ist ebenfalls in Deutsch verfügbar. Es benötigt iOS X (oder neuer) und ist als Universal-App sowohl auf dem iPhone und iPod touch, als auch auf dem iPad nutzbar.

App Store Links
The Hit List for Mac im Mac App Store*
The Hit List for iPhone im iTunes Store*

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Screenshots: Mathias Rhein; Autor: Mathias Rhein

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